Das Mittelstands-Mantra

Es klingt wie ein Mantra, mit dem der Mittelstand aus seinem analogen Dornröschenschlaf geweckt werden soll: Wer früher digitalisiert, wächst schneller. Beziehungsweise angesichts der negativen Vorzeichen, die die multiplen Krisen setzen: Wer jetzt digitalisiert, erholt sich früher. Zuletzt wird diese Erkenntnis in einer von Microsoft weltweit erhobenen Befragung unter kleinen und mittleren Unternehmen beschworen: Bei den „Early Adopters“ sei die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch, dass sie ihre bisherigen Geschäftsziele erreicht haben und im vergangenen Jahr ein noch höheres Umsatzwachstum verzeichnen konnten. Außerdem sind diese Unternehmen viermal so zuversichtlich, was ihren zukünftigen Geschäftserfolg anbetrifft.

Nun kann man in der gegenwärtigen Krisenlage kaum von Zuversicht sprechen, vielmehr geht es um Resilienz, also die Fähigkeit, sich möglichst schnell und nachhaltig von Rückschlägen erholen zu können. Aber genau das ist das Versprechen von Digitalisierungsmaßnahmen. Und das versprechen sich mittelständische Unternehmen auch ganz bodenständig von ihren Investitionen in die digitale Transformation: Jeweils rund ein Drittel erwartet einer Steigerung der betrieblichen Effizienz, eine Verbesserung von Marketing und Vertrieb sowie eine erhöhte Kundenbindung.

Von neuen Geschäftsmodellen ist da freilich noch nicht die Rede. Dazu ist angesichts von Energiekrise, Inflation, Lieferkettenproblemen und Fachkräftemangel offensichtlich nicht der Blick frei. Keine Experimente, wie der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, einst in einer noch sehr analogen Zeit gefordert und damit Wahlen gewonnen hat. Aber eine schrittweise Modernisierung möchte der Mittelstand nun doch wagen. Lieber spät als nie.

Oder ist es doch zu spät? Denn dem Mittelstand fehlen die Mitarbeiter, mit denen er die Digitalstrategien in Angriff nehmen könnte. Denn übereinstimmend beklagen mittelständische Entscheider in allen aktuellen Studien über kleine und mittlere Unternehmen den Mangel an qualifizierten Mitarbeitern als das langfristig schwierigste Problem. Dabei hat der Mittelstand eigentlich gute Erfahrungen damit, sich die benötigten Fachkräfte selbst heranzuziehen. Doch es ist ein Unterschied, ob man eine neue Führungskraft im dualen Studium auf den eigenen Exzellenzgebieten heranzieht – wie zum Beispiel im Maschinenbau oder bei den mittelständischen Automobilzulieferern; oder ob man eine Fachkraft mit einem Qualifikationsprofil heranzieht, in dem der ausbildende Betrieb selbst keine Kernkompetenzen besitzt.

Genau das ist der wichtigste Hemmschuh bei der Behebung des digitalen Fachkräftemangels im Mittelstand. Denn nach wie vor kommen viel zu wenige Absolventen aus den Informatik-bezogenen Studiengängen in den Arbeitsmarkt – und nicht immer ist für die Studienabgänger der Mittelstand der Sehnsuchtsort. Deshalb nimmt auch die Attraktivität des Arbeitsplatzes an Bedeutung weiter zu. Und dazu gehört zum Beispiel die digitale Ausgestaltung einer hybriden Arbeitsumgebung. Da schließt sich der Teufelskreis.

Doch es gibt Hoffnung: Denn die aktuelle Microsoft-Studie zeigt auch, dass 41 Prozent der für Entscheidungen verantwortlichen Mitarbeitenden im Technologiebereich aus der Generation der sogenannten Millennials stammen. Unter diesen um die Jahrtausendwende Geborenen sehen 13 Prozent Technologie eher als wichtig oder als gar wesentlich für den Geschäftserfolg an. Fast ein Drittel der Millennials bezeichnet sich im Privatleben als technikbegeistert. Das hat Auswirkung darauf, wie sie nach neuen Technologien recherchieren und Kaufentscheidungen treffen. Millennials legen zum Beispiel bei ihren Kaufentscheidungen großen Wert auf Bewertungen und Empfehlungen. Es geht also um das soziale Umfeld, in dem mittelständische Unternehmen agieren und sich bewerten lassen müssen. Und das ist mehr und mehr digital ausgelegt.

Wandelt sich der Mittelstand also mit den Generationen? Das ist anzunehmen, denn in vielen mittelständischen Unternehmen tickt eine Dynastie, innerhalb derer die Führungsverantwortung weitergegeben wird. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die kommende Managementriege in den Familienunternehmen nicht nur deutlich klimabewusster agiert, sondern zugleich auch in der digitalen Transformation stärker als die Vätergeneration ihr Heil sieht. Sie leben und folgen demnach dem Mittelstands-Mantra: Wer digitalisiert, gewinnt – früher oder später.

Jetzt wäre die Stunde der Berater

Umfragen zum Stand der Digitalisierung in deutschen Unternehmen und der öffentlichen Hand haben immer ein und denselben Designfehler: Sie hinterfragen nicht die Prozesse, die angeblich digitalisiert worden sind, sondern reduzieren sich auf die Selbsteinschätzung der Entscheider und der Nutzung von Technologie an sich. „Digital weit vorne“ könnte demnach immer noch bedeuten, dass die Bestellung aus dem Onlineshop ausgedruckt, gefaxt und dann an anderer Stelle wieder erfasst werden muss. Aber, es ist zumindest ein Onlineshop vorhanden. Oder anders ausgedrückt: Wer die gute alte Reise-Schreibmaschine durch ein Tablet mit Spracheingabe und Autokorrektur ersetzt, ist dem Bestseller-Roman noch keinen Schritt näher gekommen. Aber es gibt Pluspunkte bei der Bewertung zum Stand der Digitalisierung.

Doch schlechte oder nicht mehr zeitgemäße Prozesse werden nicht dadurch verbessert, dass man sie aus der analogen Welt ins Digitale überführt, ohne die Möglichkeiten, die eine verbesserte Datenbasis, eine stärkere Vernetzung und eine Integration mit anderen Prozessen eröffnen, auch tatsächlich zu nutzen. In der Regel käme dabei ein neu gestalteter Prozess heraus, der die Restriktionen aus der analogen Welt überwindet und Effizienzgewinne im Sinne von Zeitersparnis, Fehlervermeidung und Flexibilität  bietet. Nirgends wird das offenkundiger als bei digitalisierten Behördenprozessen, die zwar mehr oder weniger gut gestaltete Online-Masken bereitstellen, am Ende aber immer noch auf den alten Amtsschimmel mit seinem hierarchischen, auf Zuständigkeiten und Abteilungen ausgerichteten Organisationsmodell stoßen. Ein solches Digitalisierungsprojekt bringt nur Frust bei den Benutzern und keinen Effizienzgewinn im Backoffice – dafür sind aber Millionen Euro an Steuergeldern verschwendet.

Weil das in der Wirtschaft und der öffentlichen Hand so ist, klettert Deutschland als Wirtschaftsstandort in den einschlägigen europäischen und globalen Ranglisten nicht nach oben, sondern rutscht trotz Milliardenausgaben weiter ab. Wir verwechseln bei der Digitalisierung Technik mit Taktik und Investition mit Innovation. Bei aller Weltmeisterschaft in der Prozessoptimierung halten wir doch an den Grundfesten unserer arbeitsteiligen Gesellschaft fest, ohne die Arbeitsabläufe grundlegend zu hinterfragen. Nirgends wird dies deutlicher als in der inzwischen im Sprachgebrauch verankerten, aber dennoch missverstandenen Deutung des Satzes: „Never change a running system.“ Denn gemeint ist nicht, dass ein System nicht geändert werden soll, WEIL es läuft, sondern WÄHREND es läuft.

Doch auch wer seine Prozesse neu gestaltet, während er sie auf digital umstellt, sollte allenfalls als digitaler Mitläufer eingestuft werden. Denn die tatsächlichen Potenziale liegen ja nicht in neuen Geschäftsprozessen, die durch Digitalisierung möglich werden, sondern in innovativen Geschäftsmodellen, die durch Digitalisierung überhaupt erst denkbar werden. Haushaltsgeräte, die mit Software und IP-Adresse ausgestattet sind und ihren Funktionsumfang dadurch signifikant ausweiten, eröffnen ebenso neue Möglichkeiten, Umsatz zu generieren, wie KI-gestützte, selbstlernende Systeme, die  anhand des erreichbaren Datenmaterials zu neuen Erkenntnissen, Vorschlägen und schließlich Entscheidungen finden. Wer im Gesundheitswesen zum xten Mal seine personenbezogenen Daten handschriftlich auf einem Erfassungsbogen erfasst, der dann offen in der Praxis herumliegt, versteht nicht, warum der gleiche Vorgang, wenn er digital gestaltet ist, ganz anderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegt, die geradezu verhindern, dass dadurch für Patient und medizinisches Personal ein Mehrwert entstehen kann.

Ist es Phantasielosigkeit, der Mangel an Visionen oder einfach nur eine große Verunsicherung angesichts der Möglichkeiten, die die digitale Transformation bietet? Den Option-Shock benennen mittelständische Unternehmer jetzt ganz unverblümt in der aktuellen Commerzbank-Befragung zu Unternehmerperspektiven (siehe auch meinen Blog vom vergangenen Montag). Sie erwarten Hilfestellung von den Geschäftskundenberatern bei den Hausbanken und Sparkassen. Oder von ihren meist mittelständisch geprägten IT-Dienstleistern.

Aber sowohl die Banker als auch die IT-Consultants verpassen gerade die große Stunde der Berater. Jetzt wäre es an der Zeit, gemeinsam mit den Kunden digitale Visionen zu entwickeln und auf einen in Krisenzeiten machbaren Zeit- und Umsetzungsplan runterzubrechen. Doch die Banker haben sich noch stets schwer mit der weichen Ware getan und finanzieren nach wie vor lieber Hardware. Und die IT-Dienstleister kämpfen mit ihrer eigenen digitalen Transformation, die aus ihren lizenzgestützten Software-Angeboten cloud-basierte Services mit völlig anders gestalteten Umsatz- und Gewinnmodellen machen. Da ist der Kopf nicht frei für die Probleme der mittelständischen Kunden.

Wie stark sich die Verunsicherung in der Wirtschaft breit gemacht hat, zeigt ein Blick auf die Werbeaussagen, mit denen die Markenführer sich um ihre eigene Verlegenheit herumdrücken. Da stellen die großen Automobilbauer ihre Entertainment- und Navigationssysteme als das technische Nonplusultra dar, obwohl sie von jedem Prepaid-Smartphone übertroffen werden. Und der Sparkassenberater fragt ganz unverblümt: „Worum geht’s hier eigentlich?“ Und als ihm ein paar nichtssagende Projekte genannt werden, kommt er zu dem Schluss: „Also das, worum es schon immer ging.“ Weiter kann man von einer Vision nicht entfernt sein. Die Berater verpassen soeben ihre große Stunde und der Mittelstand ist – mal wieder – auf sich allein gestellt.

 

Nachhaltig und digital? Ja, vielleicht!

Dass man von Zeit zu Zeit nicht tut, was geraten wäre, hat der bayrische Wortakrobat Karl Valentin in seinem Stück „Oktoberfest“ prägnant zusammengefasst: „Mögen hätte ich schon wollen, nur dürfen habe ich mich nicht getraut!“ Denn angesichts der unsicheren Zeiten, in denen wir uns durch Putins Gaskrieg befinden, zögern mittelständische Unternehmer ausweislich der aktuellen Commerzbank-Studie das zu tun, was sie selbst für notwendig und zielführend ansehen: nämlich Investitionen in Nachhaltigkeit und Digitalisierung voranzutreiben.

Denn die überwiegende Mehrheit der mittelständische Unternehmer sieht zwar Projekte für mehr Nachhaltigkeit und den Ausbau der Digitalisierung als entscheidende Zukunftsinvestitionen, aber nur 40 Prozent der von der Commerzbank Befragten verfolgen derzeit eine entsprechende Strategie. Und das war auch schon vor einem Jahr so. Aber mögen hätte man schon gewollt…

Immerhin 91 Prozent der mittelständischen Entscheider in Unternehmen mit mehr als 15 Millionen Euro Umsatz sehen den schonenden Umgang mit Ressourcen als wichtigsten Beweggrund für Investitionen ins nachhaltige Wirtschaften. Dabei schwingt nicht allein der Respekt vor diesem Planeten mit, sondern ebenso die Erkenntnis, dass Ressourcen nicht unendlich zur Verfügung stehen und vor allem nicht zum Nulltarif. Als wäre der Report an den Club of Rome über „die Grenzen des Wachstums“, der vor einem halben Jahrhundert veröffentlicht wurde, erst jetzt in den Köpfen der Entscheider angekommen.

Immerhin vier von fünf Entscheidern sehen nach der Commerzbank-Studie „Unternehmensperspektiven“ im nachhaltigen Wirtschaften auch eine Investition in das eigene Firmenimage und zugleich eine Herausforderung aus sozialer Verantwortung. Und drei Viertel der Entscheider sehen auch die Attraktivität als Arbeitgeber gestärkt, was gerade bei einer immer wählerischer werdenden jungen Generation von Bedeutung ist. Offensichtlich haben die Entscheider bei der Umfrage, bei der Mehrfachnennungen möglich waren, die „weichen Faktoren“ der Sustainability ebenso hoch eingestuft wie die harten Fakten der Kostenersparnis.

Nun kann es nicht verwundern, dass den Absichten nur bedingt Taten folgen, angesichts von Energiekosten, die sich binnen weniger Wochen verzehntfacht haben. Es fällt schwer, sich mit Zukunftsinvestitionen zu beschäftigen, wenn nicht einmal klar ist, wie die Gegenwart finanziert werden soll. Deshalb sucht der Mittelstand derzeit verstärkt die Rückendeckung durch die Banken und Kreditinstitute, um nicht nur Finanzierungen neu aufzustellen, sondern auch inhaltlich über die Zukunftsinvestitionen zu diskutieren. Aber gerade bei den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung tun sich die Geschäftskundenberater der Geldinstitute selbst schwer.

Dabei verspricht gerade die Digitalisierung deutliche Effizienzgewinne und zusätzliche Wachstumspotenziale, die gerade in Krisenzeiten auch einen Hoffnungsschimmer darstellen könnten. Vor allem das Internet der Dinge ist für die mittelständischen Entscheider ein Weg, die eigenen Kapazitäten effektiver zu nutzen und dabei Ressourcen zu schonen. Additive Fertigung – also die Produktion mit 3D-Druckern – und autonome Systeme, die KI-gestützt eigene Entscheidungen treffen und über ihren Zustand rechtzeitig und zielorientiert Auskunft geben, sind die angesagten Zukunftsthemen aus Sicht der industriellen Mittelständler. Die Dienstleistungsunternehmen sehen dagegen in Online-Plattformen zur Verbesserung der Kundenkommunikation und in Augmented Reality zur Schaffung neuer Einkaufserlebnisse den wichtigsten Zukunftspfad. Aber auch hier gilt: eine Digitalstrategie verfolgt derzeit weniger als die Hälfte der Unternehmen.

Wir leben in schwierigen Zeiten, in denen einerseits die Handlungsoptionen so deutlich vor uns liegen, während andererseits die Handlungsmöglichkeiten so stark durch äußere (Kriegs)Umstände begrenzt sind wie vielleicht nicht mehr seit dem Ende des zweiten Weltkriegs. Beherztheit ist jetzt gefragt – und wohl nicht zu hoch gegriffen wäre jetzt die Erinnerung an das Wirtschaftswunder in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Oder in einer Paraphase auf Karl Valentins berühmten Satz: „Wollen haben wir nicht gekonnt, aber machen haben wir uns getraut.“

Eine Bazooka für den Mittelstand

Als der Europapark Rust im vergangenen Lockdown zwangsweise für ein halbes Jahr schließen musste, war er weder insolvent oder vulgo: pleite, sondern hat ganz einfach, wenn auch nicht freiwillig, die Produktion von Freizeitvergnügen eingestellt. Es war auch keine Geschäftsaufgabe, denn längst hat er seine Pforten wieder geöffnet und liefert Zehntausenden täglich ein unvergessliches Erlebnis. Dass er aber die Zeiten des Lockdowns überstehen konnte, lag an der Möglichkeit rund 3500 Menschen in Kurzarbeit zu schicken. Die Bazooka, wie der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz es nannte, hatte diese Option für Unternehmen, die aus nicht selbst verschuldeten Gründen ihren Betrieb nicht aufrechterhalten konnten oder durften, bereitgestellt: das Kurzarbeitergeld.

Deshalb, liebe Frau Maischberger, ist die Unterscheidung, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als Gast bei Maischberger traf, alles andere als wirtschaftsphilosophischer Mumpitz oder Rechthaberei. Es ist wohl eher ein Hinweis darauf, an welche Maßnahmen die jetzige Bundesregierung zu denken scheint, wenn es angesichts von explodierenden Energiekosten um Hilfemaßnahmen für den industriellen und dienstleistenden Mittelstand geht. Denn ein Kurzarbeiterprogramm für den Fall, dass Strom und Gas ausfallen oder umverteilt werden müssen, wäre in der Tat ein Mittel der Wahl. Wer seine Produktion für einen bestimmten Zeitraum einstellen muss, weil sich der Betrieb gegenwärtig nicht rentiert, sollte seine Mitarbeitenden in Kurzarbeit schicken können. Kann man schon jetzt – ist aber ohne Kurzarbeitergeld teuer. Zur Finanzierung bräuchte es erneut eine Bazooka  für den Mittelstand.

Ob sie kommt, ist ungewiss, aber der von Habeck im Bundestag versprochene Schutzschirm für den Mittelstand ist praktisch unausweichlich. Nach einer Blitzumfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie wird es eng für mittelständische Unternehmen. Das „Lagebild im industriellen Mittelstand“ ist laut BDI in der Tat düster:

Mehr als 90 Prozent der Unternehmen sehen in den gestiegenen Preisen für Energie und Rohstoffe eine starke (58 Prozent) oder existenzielle (34 Prozent) Herausforderung. Noch im Februar 2022 bewerteten „nur“ 23 Prozent die Herausforderung als existenziell.

Lieferschwierigkeiten und -verzögerungen sind für rund drei Viertel der Unternehmen eine starke (71 Prozent) oder existenzielle (sechs Prozent) Herausforderung.

Die Preisentwicklung zwingt rund 40 Prozent der Unternehmen, Investitionen in die ökologische und digitale Transformation zurückzustellen.

Mehr als ein Drittel der Unternehmen (37 Prozent) kann derzeit keinen Brennstoffträgerwechsel vornehmen, sie bleiben (vorerst) auf Erdgas angewiesen. Jedes zehnte Unternehmen sieht sich aktuell gezwungen, die Energieversorgung von Gas auf Öl umzustellen.

Fast jedes zehnte Unternehmen hat die Produktion in Deutschland derzeit gedrosselt oder unterbrochen. Weiterhin denkt fast jedes vierte Unternehmen darüber nach oder ist bereits dabei, Unternehmensteile und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern.

Es wird noch enger, als es schon zu Corona-Zeiten war. Und hier dürfen wir noch nicht einmal sicher sein, ob die nächste Corona-Welle nicht schon angerollt kommt und uns neben einem kalten auch einen einsamen Winter bescheren wird. Aber es dürfte auch ein Winter werden, in dem die Wirtschaft in den Abwärtssog einer Rezession gerät: Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle prognostizierte, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um 1,4 Prozent schrumpfen wird. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft erwartet in seiner aktualisierten Konjunkturprognose einen Rückgang um 0,7 Prozent.

Es geht also nicht allein darum, den kommenden Winter zu überstehen. Wir werden in ein Jahr 2023 hineinlaufen, das von Inflation und Rezession gleichermaßen geprägt sein wird. Das bedeutet einen Realverlust an Wohlstand für jedermann. Es wird Zeit für die Bazooka für den Mittelstand. Denn nichts tun wäre noch teurer.